Vieles wäre einfacher, wenn es um die Finanzmärkte in Deutschland und China besser stünde
Er sollte den Berliner Flughafen ersetzen, eine Drehscheibe für den Flugfrachtverkehr zwischen Europa, China und Afrika werden, ein neues Zentrum der Globalisierung! Nein, die Rede ist nicht vom neuen Airport Berlin-Brandenburg, sondern es geht um „Parchim International“, ein ehemaliger sowjetischer Militärflughafen in Mecklenburg Vorpommern, nahe Schwerin, den der chinesische Geschäftsmann Jonathan Pang 2007 kaufte. Pang wollte die internationalen Warenströme umlenken und aus Parchim ein Global Village machen. Eine Geschichte, fast zu groß um wahr zu werden – aber sicher extrem spannend. So begleiteten die Filmemacher Stefan Eberlein und Manuel Fenn über sieben Jahre Jonathan Pang, um den Wiederaufbau des Flughafens zu verfolgen und festzuhalten, wie ein chinesischer Visionär und die deutsche Bürokratie zusammenpassen. Entstanden ist so der Dokumentarfilm „Parchim International“, der am Donnerstag (19. Mai) in die Kinos kommt.

Jonathan Pang: Visionär, Flughafenbesitzer und Geschäftsmann.
Bernd Sobolla: Herr Pang, Sie haben 2007 sehr euphorisch den Flughafen Parchim übernommen. Doch nicht alles ist so gelaufen, wie Sie es sich vorgestellt haben.
Jonathan Pang: Der Flughafen von Parchim liegt sehr gut: Er befindet sich in der Mitte Europas, genau zwischen Hamburg und Berlin. Die Transportverbindungen sind nahezu ideal. Denn es gibt die A 24 und neulich wurde die A 14 in Betrieb genommen. Also Parchim ist wirklich einfach mit Autos und LKWs zu erreichen. Und dann gibt es auch noch die Bahnverbindung, die nahe an Hamburg ist. Der Flughafen selbst benötigt aber noch Investitionen. Als wir ihn übernahmen, war er in einem ganz schlechten Zustand. Inzwischen haben wir eine neue Landebahn und einen neuen Kontrollturm. Im Prinzip sind wir jetzt in der Lage, sowohl Frachtflüge als auch Passagiermaschinen starten und landen zu lassen.
Wenn die äußeren Bedingungen so günstig sind, warum ist Parchim Airport dann bisher keine Erfolgsgeschichte?

Die chinesische Flagge weht vor dem Kontrollturm.
Es ist schwierig, die anderen Leute (Investoren, Politiker) zu überzeugen. Der Flughafen muss verbessert und ausgebaut werden. Für Frachtflüge müssen wir noch die Infrastruktur verbessern. Aber wir arbeiten daran. In etwa zwei Monaten sind wir in der Lage, Frachtflugzeuge landen zu lassen. Wir haben zum Beispiel schon seit dem 28. März Frachtflüge von Amsterdam nach Chiang organisiert. Der erste E-Commerce Geschäftsflug von Amsterdam nach Chiang war mit einer Boing 747. 90 Prozent der Fracht waren Bestellungen aus dem Internet. Bei den Waren handelt es sich vor allem um Milchpulver und deutsche bzw. europäische Produkte. Die lassen sich in China sehr gut verkaufen.
Wie viel Geld haben Sie investiert?
Das waren bisher 60 Millionen Euro für den Flughafen. Jetzt befassen wir uns mit dem Bau eines Einkaufszentrums für Markenprodukte. Außerdem wollen wir WLAN für die Reisenden einrichten. Das alles wird wohl noch mal rund 90 Millionen Euro kosten.
Hatten Sie Schwierigkeiten mit den deutschen Behörden?
Ich wusste nichts über deutsche Vorschriften und Regeln. Es fällt mir auch schwer, andere von dem Flughafenprojekt zu überzeugen. Also da gibt es viele Missverständnisse. Die Leute verstehen einfach nicht, wie wichtig jeder einzelne Schritt ist. Bis heute haben wir viel Geld in Parchim Airport investiert, haben aber keinerlei Unterstützung von deutschen Banken oder Finanzorganisationen erhalten. Das erschwert die Sache natürlich. Es wäre viel einfacher für uns, wenn es um die Finanzmärkte in Deutschland und in China besser stünde.

Die Regisseure des Dokumentarfilms „Parchim International“: Manuel Fenn (lks.) und Stefan Eberlein (Mitte).
Mit welchem zeitlichen Aufwand haben Sie gerechnet, als Sie Parchim Airport kauften?
Als ich den Flughafen übernahm, ging es zunächst um Frachtflüge. Niemand hatte mit der Finanzkrise gerechnet und dass damit der Frachtverkehr so beschädigt würde. Viele der Frachtfluglinien leiden enorm darunter. Außerdem gibt es auch bei Passagierflügen eine große Konkurrenz. Eigentlich geht es jetzt darum, unser Konzept zu ändern. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir den Flughafen unter den veränderten Bedingungen sinnvoll nutzen. Wir setzen jetzt auf den Online-Handel und E-Commerce. Denn es gibt immer mehr Chinesen, die gezielt deutsche Produkte im Internet kaufen. Das eröffnet uns eine neue Chance für Parchim Airport. Jetzt kümmern wir uns um den Bau von Outlets für Markenprodukte und Luxuswaren. Wir laden die Hersteller von Markenprodukte ein, hier aktiv zu werden. In China realisieren die Menschen allmählich, dass Parchim Airport ein Ziel für Reisende zum Einkaufen und für internationalen Handel werden kann.

Noch ist wenig zu tun auf dem Flughafen Parchim International.
Welche Fehler haben Sie bisher gemacht
Die Fehler, die ich gemacht habe, beruhten auf meiner fehlenden Erfahrung und meines fehlenden Verständnisses für die Abläufe hier. Denn ich hatte acht Jahre in den USA für American North West Airlines gearbeitet. Mir war also viel mehr die US-amerikanische Kultur vertraut, die amerikanische Geschäftswelt. Deshalb machte ich eine Menge Fehler. Letztlich beruhte das alles auf kulturellen Missverständnissen.
Sie sprechen davon, dass Sie in Parchim eine Shopping-Mall aufbauen wollen. Wie stellen Sie sich das vor?
In Peking gibt es bereits markengebundene Einkaufszentren. Das wollen wir auch in Parchim aufbauen inklusive Direktverkauf. In Peking haben wir aber auch ein Ausstellungszentrum. Dort können die Leute die Produkte sehen, sich anschauen und die Preise vergleichen. Außerdem können sie außerhalb dieser Zentren eine virtuelle Brille aufsetzen, die Produkte damit erleben und im Internet bestellen. Wenn sie die Waren bestellen, schicken wir sie per Frachtflugzeug aus Deutschland. Viele dieser Produkte können wir noch nicht nach China exportieren bzw. sie müssen verzollt werden. Es geht also zunächst darum, ein Bestellzentrum aufzubauen. In Parchim soll es ein großes Duty Free Zentrum geben und eine riesige Shopping Mall, die die Leute in China sehen können. Sie können also in China bestellen und wir kümmern uns um die Verpackung und die Luftfracht.

Jonathan Pang setzt nun auf E-Commerce und Bestellungen übers Internet.
Im Film spricht Ihre Mutter davon, dass Sie kaum eine Kindheit hatten, weil Sie immer nur lernten, während die anderen Kinder spielten. Warum?
Ich wuchs in einem Dorf mit vielen Kindern auf, und wir spielten auch zusammen. Aber dann wurde mir klar, dass ich studieren muss und keine Zeit mehr zum Spielen hatte. Denn ich träumte immer davon, ein Geschäftsmann zu werden. Also bereitete ich mich entsprechend darauf vor.
Vermissen Sie diese Zeit manchmal?
Ich habe eine Menge Dinge verpasst. Ich opferte alles, um ein guter Geschäftsmann zu werden.